Reise in die Bretagne

Die Reisen von Karin + Hartmut

Reise in die Bretagne Frühjahr 2019 mit Kater

Was mir in Frankreich aufgefallen ist

Wir sind von den Ardennen nach Westen gefahren und deshalb sind wir "durch die Dörfer" gekommen. Es sieht hier ähnlich aus, wie in den ländlichen Teilen der ehemaligen DDR: vereinsamt und vernachlässigt. Es ist viel " grau" zu sehen, mindestens "50 Shades of Grey" - achte drauf, wenn Du Fotos ansiehst. Hier ist nichts los, keine wirklichen Einnahmequellen, kaum noch jemand will hier wohnen. Am Tag 3 haben wir spontan Halt gemacht im Dorf Rumigny und sind eine Stunde durch den Ort spaziert. Wir haben genau eine Mutter mit einem Kleinkind gesehen und 2 Kommunalarbeiter, die Grünflächen an der Straße gemäht haben.

Armes Dorf

Die Franzosen bauen richtig schön schlechte Straßen. Sie sind sogar bessere "schlechte-Straßenbauer" als die Kollegen in unseren "neuen" Bundesländern, denn sie können mindestens genauso schlechte Straßen bauen, aber sogar ohne die Hilfe durch Betonplatten und Kopfsteinpflaster.

Landstraße total
Landstraße nah
Wie uneben es hier ist, das kann die Kamera nicht zeigen

Auf der ganzen langen Reise (ca. 3000 Kilometer nur in Frankreich) hatten wir mit gerade mal einem Dutzend Ampelkreuzungen zu tun. Alle anderen Straßenknoten sind hier Kreisverkehre. Hier mal ein kleiner Auszug, was man so in einer halben Stunde an Kreisverkehren zu bewältigen hat:

Kreisverkehre

Für Wohnmobilreisende gibt es ein echtes Ärgernis: viele Parkplätze sind gegen höhere Fahrzeuge mit Balken "gesichert". Da führt zu so absurden Sachen, dass Riesenparkflächen fast leer sind, Wohnmobile aber an der Durchgangsstraße parken müssen, weil es für sie sonst nichts gibt.

Höhenbeschränkungen

In den Ortschaften stellen Franzosen ihre Fahrzeuge auf den Flächen ab, die wir normalerweise als Bürgersteige bezeichnen würden. Wenn Bürgersteige überhaupt vorhanden sind. Ich möchte in Frankreich nicht auf einen Rollstuhl angewiesen sein! Radwege sind sowieso Mangelware.

Parksitten
Bürgersteige

Die Franzosen sind zum überwiegenden Teil kleine Rennfahrer. Und um die in Schach zu halten, gibt es auf allen Straßen in Ortschaften "Beruhigungsschwellen". Die gibt es woanders auch, aber die französischen sind "speziell": Du kannst die meisten nur mit 20 Kmh überfahren, manche sind sogar mit dem Fahrrad schon sehr unangenehm. Außerdem lässt sich durch die optische Gestaltung nicht wirklich abschätzen, wie steil die Schwellen sind. Ergo bremst man besser. Ergänzt werden die Schwellen immer wieder durch Schikanen und Stop-Schilder.

Verkehrberuhigung

Für diese "Rennfahrer" ist das Laufenlassen der Motoren anscheinend ein Statussymbol. Man trifft überall vor Kiosken, Bäckereien und ähnlichem Autos mit laufendem Motor, deren Fahrer/in gerade einkaufen ist. Brauchst Du noch ein Auto? Und dann sind da noch diejenigen, die morgens mit dem Auto zur Rezeption zum Brötchen holen fahren ...

Die meisten Autobahnen sind in Frankreich Mautstraßen. Man bezahlt dafür, dass man auf ihnen fahren darf. Deshalb sind die Autobahnen nicht sehr bevölkert und der Zustand ist Spitze. Die Autobahnen in der Bretagne sind keine echten Autobahnen, sondern autobahnähnliche Schnellstraßen und die Benutzung ist kostenfrei. So halten die Verkehrsbehörden viele Fahrzeuge von miesen Straßen in den Dörfern fern.

Autobahn
Autobahn
Schnellstraße
Schnellstraße

Kommt man an die Küste oder in Nähe von größeren Städten, dann werden zwar die Straßen nicht besser, aber die Gebäude bekommen frischere Farben. Bedingt durch Tourismus, Handel und Industrie fließt Geld und das merkt man sofort. Aber das ist woanders ähnlich.

Läden gibt es auf den Dörfern kaum noch, viel weniger als in Deutschland. Das liegt an den Supermärkten, die in Frankreich für unsere Begriffe riesig sind. Auf unserer Reise sind uns nur 4 Firmen begegnet: Leclerc, Hyper U / Super U, Intermarché und Carrefour. Nur eine Firma hat das "super" bzw. "hyper" im Namen, aber hypergroß sind sie alle. Und man kann hier alles kaufen. Angeschlossen sind immer Tankstellen, deshalb ist die Zahl der "gewöhnlichen" Straßentankstellen ziemlich klein.

Riesen-Supermarkt
Aus: Wikipedia

Die Märkte sind so groß, dass man sich darin problemlos mehr als eine Stunde aufhalten kann. Diese Zeit nutzen die Franzosen, um ihre Wäsche zu waschen. Im Eingangsbereich aller Supermärkte findest Du eine Art Waschsalon. Du lädst Deine Wäsche vom Auto in den Einkaufswagen, fährst damit zu den Waschmaschinen und startest die Waschmaschine. Anschließend hast Du einen leeren Einkaufswagen und mindestens eine Stunde Zeit.

Es gibt kein Pfandflaschensystem in Frankreich. Und deshalb auch keine Getränkemärkte. Im Supermarkt stehen Getränkeregale mit mehreren Zig-Meter Länge für die alkoholfreien Getränke. Fast alles in Kunststoff-Flaschen oder Tetrapack. Dazu kommen noch 5 Meter Bierregal (das meiste in Dosen) und 20 Meter Weinangebot (davon 90% in Glas, der Rest in Karton).

Supermarkt innen

Kunststoff, Karton, Metall und Glas werden gesammelt. Für die ersten drei Sorten gibt es einen gemeinsamen Container (ja wirklich) und Glas geht extra. Wo der ganze Kunststoff bleibt, kann ich nicht sagen, aber ich ahne Schlimmes ...

Brot ist für die Franzosen ganz wichtig, besonders das Baguette. Für letzteres haben wir sogar im Vorbeifahren Automaten gesehen! Ja, für die langen Stangen! Das französische Brot besteht für gewöhnlich aus Luft, die mit ein wenig Teig ein Brotform gebracht wird. Deshalb kann man das leichte, aber 20 Zentimeter dickes Brot problemlos auf 2 Zentimeter zusammendrücken. Aber wir haben auch "normales" Brot bekommen, man muss dazu in eine Boulangerie (Bäckerei) gehen, die haben so etwas vereinzelt mit der Bezeichnung "Bucheron". Was soviel wie "Holzfäller-Brot" heißt. Schwarzbrot ist unbekannt. In Supermärkten gibt es mindestens 99 Sorten Brot, aber alle geschnitten und immer auch frisches Baguette, das aber natürlich ungeschnitten.

Brot
Wonderbread
Wunderbrot, links roh, in der Mitte unter Druck, rechts ohne Druck immer noch flach

Fisch ist ebenfalls sehr beliebt. Du wirst in den Supermärkten immer Fischgeruch feststellen. Geh dem nach und Du triffst auf eine extra Meeresfrüchte-Abteilung, in der es frischen Fisch gibt und immer auch lebende Langusten bzw. Hummer, für die ein Aquarium dort steht. Keine Angst, deren Scheren sind mit Kabelbindern o. ä. gesichert.

Fischecke
Hummer-Aquarium

Am intimsten kommt man als Tourist in Frankreich mit den sanitären Anlagen in Berührung. Und ja, wir haben tatsächlich auch noch die legendären Stehklos gefunden, aber diese Sorte stirbt aus.

Stehklo

Das gewöhnliche Klo auf Campingplätzen besteht aus einem Klobecken ohne Brille ! in einer Kabine ohne Haken und ohne Klopapier! Nimm immer Klopapier mit! Wir fanden auch immer wieder mal Klopapierspender, die aber in der Regel nicht mit Papier bestückt waren. Und deshalb ist bei diesen 2 Spendern der abartige Anbringungsort auch egal.

typisches französisches Klobecken
hier war zwar ein Spender, aber ohne Papier

Klo ohne alles
Keine Brille, kein Haken, kein Papier

Behinderten-Klo
Behinderten-Klo - das Papier hängt eng am Oberarm

Klo mit beknackt angebrachtem Papierspender
Papierabreißen hält beweglich
Haken sind auch beim Rest der sanitären Einrichtung Mangelware: große Vorräume ohne jede Möglichkeit zum Aufhängen von Jacken, Taschen oder Kulturbeuteln. In den Duschen sind anscheinend 2 Haken vorgeschrieben, denn in den meisten waren 2, aber wir fanden auch anderes. Und die Form der Duschkabine auch. So sehen 90% der französischen Duschen aus:

typische Duschen

Beim Stil der Einrichtung sind Farben angesagt und oft sind auch witzige Ideen dabei.

getrennte Sanitäranlage
Ausnahmsweise kein Unisex wie sonst
Waschküche
Vorraum ohne Haken
witzige Klotüren
kein Haken
Abwaschraum mal anders

Die Einrichtungen sind überwiegend sauber, aber es gibt auch solche:

Dreck in der Dusche
Siff in der Seifenschalen
Kloreste am Heizkörper
Dusche zig-mal repariert
Die Kamera ist gnädig und zeigt nicht alles

Herausragend sind solche Duschen, die wir aber nur vereinzelt und auch in anderen Ländern gefunden haben: Einhebelmischer, die schön weit vorstehen und Duschköpfe, die mit dem Wasser auf den Hebel zielen, ohne dass man das verstellen kann. Im Bild habe ich das per Bildbearbeitung hervorgehoben:

Duschkopf ziehlt auf Einhebelmischer
Duschen als Gymnastikübung

Was die Intimspäre angeht, da sind die Franzosen nicht zimperlich. Hier der Raum zum Wäschewaschen:

Waschküche mit Urinal

Ach ja, da war noch diese sanitäre Anlage, bei der es Löcher für den Luftdurchzug und für das Abwasser, das beim Reinigen der Räume anfällt, gibt. Der Kater war sofort weg ...

Waschküche mit Löchern für Katzen
Bernstein? Wo bist Du?

In Frankreich gibt es keine Hundesteuer. Deshalb wohl haben mindestens 2/3 aller Franzosen einen nicht zu großen Hund. Oder um es andersherum auszudrücken: alles voll kleiner Kläffer! Hier eine kleine Auswahl:

Hundefülle

Was mich am Meisten beeindruckt hat: Franzosen sprechen keine andere Sprache als französisch! Ich bin in meinem Berufsleben mit Menschen aus aller Herren Länder zusammengetroffen und mit allen konnte ich mich auf Englisch verständigen. Nicht mit Franzosen in Frankreich.

Unfall-Sperrung

Am Tag 41 sind wir wenige hundert Meter vor dem Campingplatz auf eine Straßensperre getroffen. Ein Rettungshubschrauber stand rechts außerhalb der Bildes auf der Hauptstraße. Unfall mit junger Radfahrerin links außerhalb des Bildes. OK, ich habe den Motor abgestellt und wir wollten warten. Aber es kam der junge Mann in Gelb zu unserem Wagen und wollte uns anscheinend weg scheuchen. Erklärte uns lang und breit irgendetwas, was ich als eine Umleitung interpretiert habe. Ich habe ihm auf Englisch und mit der nötigen Zeichensprache versucht, ihm verständlich zu machen, dass wir hier stehen bleiben wollten, weil wir auf dem Weg zum Campingplatz auf jeden Fall hier lang müssten. Keine Chance! Er wollte weiterhin, dass wir fahren sollten und zwar zurück. Jedenfalls habe ich seine Mimik so gedeutet.

Dann kam der junge Mann in rot mit seinem Sohn zu uns und bot an, zu dolmetschen, wobei er in gutem Englisch mit uns sprach. Nachdem das zwischen dem Straßensperrer und uns dank seiner Hilfe geklärt war (wir durften stehen bleiben), bin ich ausgestiegen und habe den jungen Mann (in rot) auf Englisch gefragt, woher er denn käme.
"Ich wohne hier drüben."
"Welche Nationalität haben Sie denn?"
"Ich bin Franzose."
"Das kann nicht sein!"
* Fragender Blick ... *
"Franzosen sprechen kein Englisch!"
* Lacht *

Daraus entspann sich eine längere Unterhaltung über die Sprachfähigkeiten der Franzosen, während der er mir seine Meinung in dieser Richtung mitteilte: "Franzosen sind arrogant!" Wo machen Franzosen eigentlich Urlaub, wenn sie doch nur Französisch sprechen?" "Na, ganz einfach: in Frankreich! Allenfalls noch in Tunesien oder Marokko." Und etwas Wichtiges bekam ich dabei auch zu hören: seit etwa 12 Jahren gibt es wieder Englisch-Unterricht in der Schule. Was er mit seinem Sohn auch sofort demonstrierte. Ja, der Sohn hatte eine ganze Menge unseres Gesprächs verstanden, mit dem Sprechen war er noch nicht so gut vertraut.

Was schließen wir daraus: es gibt noch Hoffnung! Es dauert nicht mehr lange, dann kannst Du auch ohne Kenntnisse der französischen Sprache (genau wie ich) Frankreich besuchen ohne immer wieder hilflos dazustehen, weil kein Mensch irgendwas versteht. Das solltest Du auch, denn

Frankreich lohnt sich als Reiseziel!


... und zum Schluss noch der abgeschlossene Roman:

Das Geheimnis der Schraube

Erinnerst Du Dich noch an den Tag 18? Das war der Tag, als a)der Anlasser den Geist aufgab, b) die Einkaufstüte mit den Eiern riss und c) ich auf der Klokassette eine Schraube fand.

Die Schraube vom Klo

Der Blick in den Schacht, in dem die Kassette eingeschoben wird, zeigt, wie eng es dort ist und, dass man dort fast nichts von den Schrauben sieht.

Die Schraube vom Klo

Unser Klo hat trotzdem bist nach Hause funktioniert, wenn auch ein wenig hakelig. Ich habe dann mal im Internet gesucht nach Bildern dieser Kassette, damit ich vergleichen kann und ich fand auch passende Fotos. Ich habe dann das Handy und eine Taschenlampe in der Schacht gelegt und:

Die Schraube vom Klo
Dieser Blick geht nach oben!

Siehst Du es? An dem gebogenen weißen Plastik über dem schwarzen Hebel fehlt eine Schraube. Vom diesem Teil war die zweite Schraube auch schon sehr lose und das Teil hat den schwarzen Hebel etwas behindert. Mit dem schwarzen Hebel wird die Klokassette nach oben aufgemacht, damit das erledigte Geschäft auch da reinfallen kann. Also vorsichtig einen passenden kurzen Schraubendreher nehmen und mit der Klinge nach oben halten, die Schraube auf die Klinge setzen und vorsichtig beides in der Schacht bewegen in der Hoffnung, dass die Schraube drauf bleibt. Bis hin zum passenden Loch, das ich nicht gleichzeitig sehen kann, nur ahnen. Das ist ein wenig Geduldsspiel, aber irgendwann hat es geklappt:

Die Schraube vom Klo

Karin hat assistiert, indem sie von oben zugesehen hat.

Die Schraube vom Klo

Ende gut, Klo gut!


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